Politische Forderungen
Die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Hitzeperioden gefährden die Gesundheit der Bevölkerung. Insbesondere Personengruppen mit erhöhtem Risiko, wie ältere Menschen, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Säuglinge, Schwangere und Kinder, sind durch hohe Temperaturen gesundheitlich stark gefährdet. Auch Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnisse haben erhebliche Auswirkungen auf die Belastung und Anpassungsfähigkeit. Daher ist Hitzeschutz auch eine Frage der gesundheitlichen Chancengleichheit und sozialen Gerechtigkeit. Zudem hat Hitze tiefgreifende Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie kann zu psychischen und physischen Belastungen, einer erhöhten Krankheitslast und Produktivitätsverlusten führen. Insofern stellt Hitze auch ein Risiko für die wirtschaftliche Stabilität dar, verbunden mit hohen, bislang verdeckten Folgekosten. Maßnahmen zum Hitzeschutz und zur Prävention hitzebedingter Erkrankungen und Arbeitsunfälle sind daher auch Investitionen in Produktivität und wirtschaftliche Stabilität.
Hitzeschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ein gemeinsames Vorgehen erfordert konsequentes Handeln auf allen Ebenen und verlangt klare Verantwortlichkeiten, ausreichende Ressourcen und eine wirksame Einbindung aller relevanten Akteure und Akteurinnen. Nur so können hitzebedingte Gesundheitsrisiken minimiert, die Versorgungssicherheit gewährleistet und die Widerstandsfähigkeit des Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesens gestärkt werden.
Für ein hitzeresilientes Deutschland fordern wir:
1. Hitzeschutz vor Ort muss als Aufgabe verbindlich gemacht und ausreichend durch Bund und Länder finanziell und personell unterstützt werden.
Die Entwicklung, Umsetzung und Anpassung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit muss als verbindlicher Teil der Klimaanpassungskonzepte als kommunale Aufgabe gesetzlich verankert werden. Damit kommunale Hitzeaktionspläne wirkungsvoll umgesetzt werden können, bedarf es der finanziellen und personellen Unterstützung der Kommunen durch die Länder und den Bund sowie umsetzungsorientierter Vernetzungs- und Beratungsangebote. Der öffentliche Gesundheitsdienst kann hierbei als Knotenpunkt und steuernde Einheit wirken.
2. Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesen müssen bei der Entwicklung und Umsetzung der Hitzeschutzstrategien eingebunden werden.
Die Akteure und Akteurinnen des Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesens erreichen Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Risiko und haben eine hohe Expertise zu gesundheitlichen Fragestellungen. Daher sollten sie auf allen Ebenen in die Entwicklung und Umsetzung von Hitzeschutzstrategien einbezogen werden. Nur so können Maßnahmen entwickelt werden, die bedarfsorientiert und praxisnah sind. Für ein verstärktes Engagement dieser Akteure und Akteurinnen bedarf es geeigneter Rahmenbedingungen.
3. Der Hitzeschutzplan für Gesundheit des Bundesministeriums für Gesundheit muss sektorenübergreifend weiterentwickelt und umgesetzt werden.
Gesundheitlicher Hitzeschutz betrifft nicht nur den Gesundheits- und Pflegesektor, sondern viele Bereiche des täglichen Lebens – von der Kita über die Schule und den Arbeitsplatz bis hin zum Sportverein. Deshalb ist es notwendig, den Hitzeschutzplan für Gesundheit des Bundesministeriums für Gesundheit zu einer ebenen- und sektorenübergreifenden Gesamtstrategie für gesundheitlichen Hitzeschutz weiterzuentwickeln. Auch der gesetzliche Regelungsrahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz muss sektorenübergreifend bewertet und kohärent angepasst werden. Neben dem Gesundheitsrecht gilt dies beispielsweise auch für die weiteren Sozialgesetzbücher sowie das Bau- und Arbeitsrecht.
4. Hitze muss als zentrale Herausforderung im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz integriert werden.
Hitzewellen können zu Überlastungen führen und Kapazitätseinschränkungen in der Versorgung verursachen. Insbesondere der Schutz und die Reaktionsfähigkeit des Gesundheitssystems bei diversen Gefahrenlagen muss durch die Bundesländer in den Katastrophenschutz integriert werden. Dazu gehören die schnelle und flexible Anpassung der Versorgung in Krisen- und Katastrophensituationen, die Verbesserung der Reichweite von Warnmeldungen, die Verbesserung des Kenntnisstandes der Bevölkerung über extremwetterbedingte Gesundheitsgefahren sowie Präventions- und Schutzmöglichkeiten.
5. Ein umfassendes Klimaschutzsofortprogramm zur Einhaltung der gesetzlich verankerten Klimaschutzziele muss vorgelegt werden.
Vorausschauender und nachhaltiger gesundheitlicher Hitzeschutz beginnt mit der langfristigen Eindämmung der Klimakrise. Deutschland ist verfassungsrechtlich und durch internationale Abkommen verpflichtet, das Klima und damit die Menschen zu schützen. Dazu gehört es, das Gesundheitssystem klimaresilient, klimaneutral und nachhaltig weiterzuentwickeln. Deutschland befindet sich jedoch noch nicht auf Kurs. Für einen gesundheitsförderlichen und sozial gerechten Klimaschutz sind entschlossene Maßnahmen notwendig. Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommt und ein gesundheitsförderliches, langfristiges und sozial gerechtes Klimaschutzprogramm vorlegt.